Zwischen Dezember und Januar erreicht der Harmattan, ein trockener Wind aus der Sahara, Westafrika. Bereits zum dritten Mal erlebe ich den Harmattan in Togo, Ghana und nun der Elfenbeinküste und den Wandel in Luft, Klima und Landschaft mit. Wie jedes Jahr wünsche ich mir das Ende herbei.
Es ist trocken. Staub liegt in der Luft. Der Himmel ist weiß, die Sonne trüb, schafft es kaum durch die milchige Schicht. Der Blick verliert sich bald im verschwommenen Horizont. Und das seit Wochen. Tag für Tag.
Mit dem letzten starken Regen im Dezember kam der trockene Wind und blies den Harmattan nach Abidjan. Ich erwachte am Morgen und fror. Die kalte Dusche war nicht erfrischend wie sonst, sondern eine echte Überwindung.
Der Harmattan bringt nicht nur trockene, mit feinen Sandpartikeln durchsetzte Luft aus der Sahara mit sich, er sorgt auch für Abkühlung in der Nacht. Doch die Luft erhitzt sich schnell zur Mittagszeit.
Harmattan: heißer Wind aus der Sahara
Die meteorologische Erklärung heißt Passatströme. Der Wind bringt aus Nordosten kommend, die trockene, über der Sahara aufgeheizte Luft in die im Süden liegenden Länder Westafrikas. Mit im Gepäck zahlreiche Sand- und Staubkörner, die er über der Wüste aufgesammelt hat. Diese trägt er bis an die Küsten von Ghana, der Elfenbeinküste, Togo, Benin und Nigerias.
Parralel mit dem Einzug des Harmattans wandelt sich das Klima. Über dem Staubschleier ist der Himmel klar. Da es sich um trockene Luft handelt gibt es keine Wolken. Und damit auch wenig Isolierung. In der Nacht entweicht die Hitze, es wird kühl. Am Tag dagegen prallt die Sonne herab und das Land heizt sich schnell auf. So schwanken die Temperaturen in den Wochen und Monaten des Harmattans zwischen 35°C am Tag und 17°C in der Nacht.
Der Nebeneffekt: es regnet nicht. Die Luftfeuchtigkeit ist stark reduziert. Der aus Norden kommende Wind drückt die vom Meer wehenden, feuchten Luftmassen zurück auf den Ozean und verhindert die Bildung von Wolken und Regen.
Ausblick auf eine weiße Wand
Soviel zur wissenschaftlichen Erklärung. Für uns Europäer hört sich kein Regen und Abkühlung in der Nacht ja erst mal gut an, in der Realität sieht das alles andere als schön aus.
Wie üblich steige ich morgens auf meine Dachterrasse. Dort, wo ich sonst die Berge in der Ferne ausmache, nichts als eine weiße Wand. Die sonst so kräftig grünen Palmen und Bäume rund um mein Haus erscheinen verblasst. Die ganze Landschaft, als hätte jemand einen weißen Filter darüber gelegt.
Schöne Aussichten verschwinden im nix. Wo ich sonst von Lomé aus die großen Frachter am Horizont erblicke – nix. Das Panorama von den Bergen, das mich vor einigen Wochen zum Beispiel auf dem Plateau Danyi begeistert hat, ist bei meinem jetzigen Besuch wie ausgewechselt.
Darüber helfen auch die vereinzelten schönen Anblicke mit der milchigen Sonne am Horizont oder tolle Lichtspiele, die fasst magisch wirken, nicht hinweg.
An einigen Tagen reicht die Sicht nur wenige Meter. An anderen Tagen klart es etwas auf und am Himmel erscheint sogar etwas Blau. Doch schon am Tag darauf ist alles wieder in weißen Dunst gehüllt.
West-Afrikanischer Herbst
Eine weiteres Zeichen des Harmattans: Die Bäume verlieren ihre Blätter. Die Forste aus Teak sind leergepustet, fast wie im Herbst bei uns. Die Baobab-Bäume ragen mit nackten Ästen in die Luft. Der Mais lässt seine verdorrten Blätter hängen. Dazwischen bleibt das Grün der Palmen, Sträucher, Kulturpflanzen und kleineren Bäume – aber das Laub hat seine frische Farbe verloren.
Nicht selten sehe ich in dieser Zeit Rauchwolken aufsteigen. Schwarze Aschebänder begleiten die Straßen. Ich höre es knistern und Flammen brennen sich durch den Busch. Der Harmattan ist auch die Zeit, in der die Bauern ihre Felder abbrennen, um den Acker für den neuen Anbau vorzubereiten und lästige Kräuter zu vernichten. Und Jäger in den Bergen legen Feuer, um das Wild aufzuscheuchen.
Der Harmattan bringt Staub, Staub und noch mehr Staub…
Staub legt sich überall ab. In Windeseile. Kaum habe ich etwas geputzt, überzieht es am nächsten Tag schon wieder eine feine Staubschicht.
Als ich nach einer Woche Urlaub in Ghana, meine Haustür öffne, habe ich das Gefühl in ein seit Monaten verlassenes Haus zurück zu kehren. Der Staub liegt so dick, dass ich darin malen kann.
Gereizte Schleimhäute im Harmattan
Aber der Harmattan ist nicht nur zu sehen, sondern auch zu spüren. Die Luft trocknet die Kehle aus. Ständig habe ich Durst.
Der Staub brennt bei Fahrten auf dem Motorrad in den Augen. Auch wenn die Sonne nicht durchkommt, blendet das Licht des hellen, weißen Himmels. Ich rieche den Rauch der Feuer. Die Lippen und die Haut trocknen aus. Auch bin ich nicht mehr wie sonst um 6 Uhr hellwach. In der kühlen Morgenluft schlafe ich länger.
Ich freue mich darauf, im Februar endlich wieder den Himmel zu sehen und die schönen, satten Farben Afrikas.
Reisen im Harmattan in Westafrika:
Für Reisende nach Westafrika ist die Zeit des Harmattans (Dezember, Januar) zwar mit angenehmeren Temperaturen verbunden und die trockene Hitze ist besser zu ertragen als schwüle Luft, aber durch den Staub bleibt ein Teil der landschaftlichen Schönheit verschleiert. Und gerade die satten Farben, die mich bei meiner Ankunft in Togo so begeistert haben, kommen nicht wirklich zur Geltung.
Weitere Informationen zum Harmattan
Bianca Leidner
6. Januar 2020Interessant! Ich wusste nicht, dass sich das auch in Ghana so stark auswirkt. Ich war im Oktober/November dort, da habe ich das natürlich nicht mitbekommen.
LG Bianca
Britta
6. Januar 2020Danke! Ja, der Harmattan zieht tatsächlich bis an die Küste runter. Er ist von Jahr zu Jahr unterschiedlich ausgeprägt – seit ein paar Tagen in Abidjan leider ziemlich extrem.