Einwohner wie Touristen schippern in Kähnen auf Kanälen. Gondoliere staksen mit langen Stäben ihre Passagiere von einem Haus zum nächsten. Man könnte an Venedig denken, doch das Leben hier ist ein ganz anderes.
In gut einer viertel Stunde setzen wir mit dem Motorkanu vom Festland über und erfahren was es heißt, auf dem Wasser zu leben und was die Bewohner einst hierher trieb.
Etwa 20.000 Menschen wohnen in Ganvié, größtenteils in Häusern auf Stelzen. Früher einmal reichte für die Bewohner die kleine Insel. Die ersten Siedler sind vor der Sklaverei auf den See geflüchtet. Heute ist das Eiland nicht mehr und nicht weniger als der Friedhof des Ortes. Und das wohl größte auf einem See errichtete Dorf Afrikas wächst stetig. Immer weiter breiten sich die Pfahlbauten in den Lac Nakoué nördlich von Cotonou aus.
Fischfang als Lebensgrundlage
Die Bewohner Ganviés leben in erster Linie vom Fischfang. Denn Alternativen gibt es im Dorf auf dem See wenig, mit Ausnahme des Tourismus. Dafür sind die Varianten des Fischens um so größer: Fischer werfen ihre Netze ins Wasser, Frauen lassen Reusen in den See hängen, Kinder ziehen Schnüre mit Angelhaken ins Boot.
Aber am meisten beeindruckt mich die dominierende Fischkultur, die ich so noch nicht gesehen habe: An Land kaufen Frauen Massen weißen Holzes, ähnlich wie Reisig. Dieses stecken sie in Feldern in das flache Wasser. In der (fast) natürlichen Lebensgrundlage sammeln sich Fische und bekommen Junge im geschützten Dickicht.
Nach einigen Monaten ‚ernten‘ die Fischer. Sie umgeben das gesamte Areal mit Netzen und ziehen die Hölzer. Zurück bleiben die Fische im Netz. Und damit ihnen keine Fischräuber zuvor kommen, werden die Areale nachts von eigens dafür errichteten Türmen aus bewacht.
Leben auf Stelzen
Langsam laufen wir mit unserem Kanu in Ganvié ein. Zu beiden Seiten der Kanäle ragen Holzbauten auf Pfählen aus dem Wasser. Teils bunt gestrichen, teils halb vermodert. Wird das gute – aus Nigeria kommende – Holz verwendet, kann ein Pfahlbau bis zu 10 Jahre halten, erklärt unser Guide.
Vor den Wohnbaracken schaukelt Wäsche auf der Leine. Die Kochstellen der Frauen, die ich vom Straßenrand her kenne, sind nun auf kleinen Terrassen untergebracht. Das Leben in den Holzhäusern ist einfach. Viel Platz gibt es nicht und Strom nur für die wenigen, die sich einen Generator leisten können. Das Wasser des Sees selbst ist aufgrund seiner Verbindung zum Meer salzhaltig und nicht trinkbar. Nur wenige Brunnen spenden Trinkwasser, das die Bewohner in Kanistern für den täglichen Bedarf in ihre Häuser transportieren – natürlich auf Booten.
Neben den Wohnhäusern thronen auch Restaurants, kleine Boutiquen und Hotels auf Stelzen. Einfach und praktikabel eingerichtet. Durch die Lücken zwischen den Holzplanken blicken wir direkt ins dunkle Wasser unter uns.
Auffallend heben sich dagegen die großen Steinbauten der Kirchen und Schulen ab. Sie sind auf den kleinen verlandeten Gebieten errichtet. Mit dem Nachtteil, dass sie in der Regenzeit häufig überflutet sind.
Ohne Boot nix los
Ohne Boot geht in Ganvié nichts. Vor jedem Haus sind ein oder mehrere Boote angetaut. Selbst Knirpse von vier oder fünf Jahren paddeln alleine im Kahn. Schwimmen kann hier jedes Kind.
Im Zentrum nimmt der Verkehr zu. An uns schippern Kähne mit frischem Obst vorbei. Ein Motorkanu voller Passagiere legt am Steg an. Frauen in ihren weißen Sonntagskleidern rudern von der Kirche nach Hause. Die Bibel neben ihnen auf der Bank. Auf einem großen Holzkahn kommt uns eine singende und tanzende Festgesellschaft auf dem Weg zum Ostergottesdienst entgegen.
Jeden Tag findet im Ortskern der Markt statt – natürlich auf dem Wasser. Bereits ab 3 Uhr nachts treiben mit Gemüse und Lebensmitteln beladene Kähne aneinander vorbei. Früh morgens decken sich die Fischer auf ihrem Weg zur Arbeit mit Essen ein. Nachmittags und vor allem heute am Osterfeiertag ist dagegen wenig los. Schade! Ein Grund, noch einmal wieder zu kommen. Vielleicht dann mit einer Nacht auf dem See…
Infos zum Besuch des Pfahlbautendorfs Ganvié in Benin:
Tour vom Hauptsteg in Abomey-Calavi aus ca. 2 Stunden.
Kosten bei 2-4 Personen ca. 6.000-8.000 FCFA (ca. 10-12€) pro Person inkl. Boot
Über den Guide lässt sich ein Essen in einem der schwimmenden Restaurants vorbestellen oder auch eine Übernachtung in einem Hotel auf Stelzen organisieren. Andersherum organisieren die Hotels auch die Überfahrt bei Buchung.
Einen Guide findest du direkt vor Ort.
Ganvié ist Zwischenstopp auf unserer Kurzreise durch Benins Süden: Ouidah – Ganvie – Abomey – Grand Popo
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