„Corona-Virus“ rufen mir die jungen Männer vom Baugerüst hinterher, als ich an ihnen vorbei gehe. Das folgende Lachen nimmt der Aussage ein wenig die Schärfe, doch ein bitterer Beigeschmack bleibt. Für sie gehöre ich zu denen, die die Tod bringende Krankheit nach Westafrika gebracht haben.
Verbreitung von Corona in Westafrika
Wie inzwischen jeden Morgen, checke ich online die aktuellen Zahlen der Infizierten in Côte d’Ivoire und den Nachbarländern.
Heute, am 8. April 2020, sind in der Elfenbeinküste 349 Fälle gemeldet, 41 davon gelten als geheilt, 3 Todesopfer gibt es. 305 aktive Erkrankungen, das sind fast 100 mehr als noch vor vier Tagen. Etwas geringer sind die Zahlen in Ghana und Burkina Faso. Im kleinen Togo sind aktuell 40 Leute mit dem Corona-Virus infiziert.
Seit gut zwei Wochen nehmen die Zahlen unaufhaltsam zu. Wenn auch langsam. Offen ist, wie sich die Krankheit weiter verbreitet.
Exponentiell wie in Europa? Oder nimmt die konstante Wärme dem Virus tatsächlich seine Aggressivität, wie Studien andeuten? Andere Wissenschaftler meinen, dass die verbreitete Einnahme von Mitteln gegen Malaria eine gewisse Immunität hervorrufen könne.
Das birgt eine kleine Hoffnung. Doch sicher ist, die weitere Entwicklung abzuwarten ist keine Option.
Unzureichendes Gesundheitssystem
Greift das Virus in Westafrika erst um sich, wäre das ohnehin unzureichende Gesundheitssystem in den armen Ländern heillos überfordert. Material, Geräte und Knowhow fehlen an allen Ecken und Enden.
Gerade vor ein paar Tagen habe ich im Nachrichtenmagazin „Le Monde“ einen Artikel zur medizinischen Versorgung im westlichen Afrika gelesen. Die Weltgesundheitsorganisation geht von etwa fünf Krankenhausbetten und 2 Ärzten pro 10.000 Einwohner aus. In Deutschland kommen 11 Ärzte bereits auf 1.000 Einwohner.
Mit erschrecken lese ich, dass es in der Côte d’Ivoire gerade einmal um die 50 Intensivbetten gibt. Dazu etwa 70 bis 80 Beatmungsgeräte und nicht mehr als 200 zur Wiederbelebung ausgebildete Ärzte im ganzen Land. Und das bei etwa 25 Millionen Einwohnern. Medizinische Einrichtungen konzentrieren sich auf die Metropole Abidjan, im ländlichen Raum sind kaum akzeptale Krankenstationen zu finden.
Ungewisse Dunkelziffer
Auch haben in den Ländern Westafrikas nur wenige Personen eine Krankenversicherung. Das ist sicherlich mit ein Grund, weshalb man schlecht sagen kann, wie stark das Virus vielleicht schon längst in den Ländern verbreitet ist. Die offiziellen Zahlen sind vermutlich nur die Spitze des Eisberges, der an die Oberfläche dringt.
Nur wenige Einwohner gehen bei den ersten Krankheitsanzeichen zum Arzt. Der erste Gedanke bei Fieber ist Malaria. Die Krankheit kennt man, sie mach wenig Angst. Und es ist klar was zu tun ist: Eine Infusion geben zahlreiche Ärzte auch ohne vorherigen Test. Wozu also Geld ausgeben, das man nicht hat? Im Zweifel reicht auch das Standardmedikament, das es ohne Rezept in jeder Apotheke gibt. Wenn das Geld auch dafür fehlt, kauft man sich Pillen am Straßenrand. Diese sind günstiger, doch leider oft gefälscht oder abgelaufen. Wie oft, habe ich das in den letzten Jahren in Westafrika erlebt…
Viele können es sich gar nicht leisten, bei Vorkasse zum Arzt zu gehen. Die besser ausgestatteten, meist privaten, Krankenhäuser sind ohnehin der wohlhabenden Schicht vorbehalten.
Beim Aufkommen erster Corona-Fälle in Côte d’Ivoire, waren daher kostenlose Behandlung und Tests bei Verdacht auf Covid-19 eine frühe Maßnahme, die ergriffen wurde. Dennoch sind bislang erst wenige Personen getestet.
Einschneidende Maßnahmen im frühen Stadium
Am 16. März, als gerade einmal sechs Infizierte in Abidjan bestätigt waren, verabschiedete der Präsident Alassane Ouattara ein Aktionspaket, um die Ausbreitung des Virus im Land einzudämmen. Insgesamt belaufen sich die geplanten Massnahmen inzwischen auf 145 Millionen Euro. Darunter Investitionen ins Gesundheitssystem, Hygieneaktionen, aber auch einschneidende Maßnahmen für das öffentliche Leben.
Die Einreise aus Ländern mit mehr als 100 bestätigten Fällen ist untersagt. Staatsbürger, die aus diesen Ländern zurückkehren, müssen zunächst 14 Tage in einer staatlich eingerichteten Quarantänestation verbringen. Schulen schließen, Versammlungen von mehr als 50 Personen sind verboten.
Auch die umliegenden Länder erließen früh ähnliche Maßnahmen. In den folgenden Tagen und Wochen verschärften sich diese Schritt für Schritt. Togo schließt von heute auf morgen seine Landesgrenzen. Burkina Faso macht am 25. März die großen Märkte in der Hauptstadt Ouagadougou dich. Im Großraum Accra herrscht seit dem 30. März Ausgangssperre.
Zögerliche Umsetung
Doch die Umsetzung vieler Maßnahmen hapert zunächst. Direkt einen Tag nach dem offiziellen Verbot der Einreise, landet ein Flugzeug mit 61 Chinesen in Abidjan. Ein anderer Flug mit zurückkehrenden Ivoirianern wird, wie erlassen, in Quarantäne geleitet.
Allerdings nur zum Teil, denn wer einflussreiche Kontakte hat, umgeht die staatliche Einrichtung und darf nach Hause. Die kollektive Quarantäne der übrigen Insassen bricht nach nur kurzer Zeit ab, nachdem sich die schlechten hygienischen Zustände im Quarantänezentrum live über Instagram rasant verbreitet haben: Fehlende Seife, medizinische Betreuung oder Masken geben kein gutes Bild für eine positive Staatspropaganda im Umgang mit dem Virus ab.
Auch die Parlamentssitzung mit mehr als 550 Personen fand wie geplant statt, als am selben Tag Veranstaltungen mit über 50 Menschen verboten wurden. Damit festigt sich das Bild, dass die strengen Regeln nur für einen Teil der Menschen zu gelten scheinen.
In der Bevölkerung herrschte Unsicherheit und Zögern. Auf der Straße geht das Leben weiter. Meine Nachbarn treffen sich zum Ludo-Spiel auf der Bank vor unserem Haus. Kunden plauschen am Kiosk und Kinder toben in Horden über die Plätze. Das strenge Verbot von wild gejagtem Fleisch, eine Delikatesse für viele Westafrikaner, scheint von vielen kaum nachvollziehbar.
Restaurants und Bars sind mittlerweile geschlossen. Die Insassen von Taxen und Gbakas (Minibusse) begrenzt und den Fahrern ist vorgeschrieben, einen Mundschutz zu tragen. In der Realität sehe ich vielleicht einen von zehn Fahrern mit Maske vor dem Gesicht. Vielfach hängt sie einfach um den Hals. Der Verkauf von Attieké, dem Nationalgericht in Côte d’Ivoire, ist von den Maquis in Wohnungen verlegt.
Häufig wird Corona zunächst als „Krankheit der Weißen“ abgetan. Als ich am Stand um die Ecke ein wenig Obst kaufen möchte, habe ich das Gefühl, die Dame möchte mich nicht bedienen. Vielleicht bilde ich mir das aber auch nur ein.
Nach und nach ändert sich das Bild. Händewaschen und Desinfektionsmittel erhalten Einzug in das alltägliche Leben.
Bevor ich die Bäckerei betrete, sprüht mir eine Mitarbeiterin Desinfektionsmittel auf die Hände. Ich muss warten, bis ein Kunde den Laden verlässt, um dann meinen Platz mit vorgeschriebenen Abstand hinter der auf den Boden geklebten Markierung einzunehmen. Die Kassiererin hinter dem Tresen lächelt mich an, ihr Mundschutz thront auf dem Kopf.
Dort wo mir vor einer Ampel fliegende Händler sonst Spielzeuge, Scheibenwischer, Töpfe und sonstigen Haushaltsbedarf vors offene Fenster halten, sehe ich heute Atemmasken, Gummihandschuhe und große Eimer mit Wasserhahn. Näherinnen schneidern Gesichtsmasken aus bunter Pagne am Fließband. Auf einigen Ständen am Wegesrand stapelt sich statt Gemüse jetzt antibakterielle Seife in Flaschen unterschiedlicher Größe.
Auch am Eingang der Shoppingmal heißt es zunächst Hände desinfizieren. Die Stange des Einkaufswagens sprüht ein Mitarbeiter ab, bevor ich ihn nehme. Ich ziehe meinen Mundschutz hoch. Ohne komme ich mir vor wie ein Außenseiter, so selbstverständlich trägt ihn inzwischen jeder in den Supermärkten. Auch ohne Vorschrift.
Vereinzelte Regale sind leer. Mal fehlt es an Nudeln, mal sind die Eier aus. Die Ware ist da, doch das Personal kommt mit dem Nachräumen nicht hinterher. Es dauert ein paar Wochen, dann sind in den zentralen Supermärkten von Abidjan Schutzscheiben vor den Kassen installiert. Die Angestellten tragen zusätzlich improvisierte Käppis mit Folienschutz vor dem Gesicht.
Selbst vor unserem Wohnhaus ist eine Station mit einem großen Plastikeimer mit Wasserhahn aufgebaut. Die Wächter achten penibel darauf, dass sich jeder vor Eintritt die Hände wäscht. Hier funktioniert die soziale Kontrolle.
Zu Hause bleiben ist nicht gleich Isolation
Schwieriger gestaltet sich die soziale Isolation. Zu Hause bleiben, heißt in Abidjan nicht unbedingt weniger Kontakte. Privatsphäre ist ein Luxus, den sich nicht jeder leisten kann. Das Leben zu Hunderten auf einem Hof, kann die Infektionsrate im Zweifel wahrscheinlich nur bedingt einschränken.
Sozialleben und Gemeinschaft sind in Westafrika Basis des Lebens. Eine Abkehr von der Gesellschaft gilt als Mangel an Respekt. Ist jemand krank, besuchen ihn Freunde, Bekannte und Verwandte, unterstützen mit Essen und einem aufmunternden Schlag auf die Schulter. Man steht sich in Krisen bei, indem man zusammen hält und das im wahrsten Sinne des Wortes.
Wenn ich durch mein Viertel spaziere, gelange ich nach wenigen Schritten zu den einfachen Hütten. Auf engstem Raum von einem oder zwei Zimmern leben hier Großfamilien in improvisiert gezimmerten Hütten aus Holz und Plastikplanen. Platz zum Spielen haben Kinder nur auf der Straße. Die Möglichkeiten zur Beschäftigung mit sich selbst sind beschränkt – an Fernseher, Gameboy oder auch nur Bücher ist häufig nicht zu denken.
Gemeinsames Beten, egal in welcher Konfession, ist hier wichtiger Bestandteil des Alltags. Menschen drängen sich in Moscheen, Kathedralen und einfachen Gebetssälen eng zusammen, um Beistand zu erbitten. Gerade in dieser Zeit, erfordert es mehr denn je das Gebet, so die tiefgreifende Überzeugung vieler Westafrikaner. Denn nur Gott, könne die Krankheit aufhalten.
Schreckensszenario Ausgangssperre
Nach dem ersten Todesfall an Covid-19 ist Abidjan seit dem 30. April komplett von der Welt abgeschirmt. Verkehr hinein und heraus ist nur noch mit schriftlicher Genehmigung möglich. Ausgangssperre herrscht von 21 bis 5 Uhr in der Nacht.
Gerüchte einer Ausweitung der Ausgangssperre nehmen nicht ab. Für viele Menschen würde das nicht „nur“ die Existenz bedrohen, sondern der Kampf um den Hungertod beginnen. Staatliche Hilfen gibt es kaum. Fast die Hälfte der Einwohner in Côte d’Ivoire lebt in Armut mit weniger als 2 Dollar pro Tag. Die Zusage der Regierung für schutzbedürftige Haushalte die Stromkosten zu übernehmen, klingt da wie ein Tropfen auf den heißen Stein.
Im ganzen Land und ganz besonders in Abidjan ist der informelle Handel ausgeprägt. Viele Menschen leben von der Hand in den Mund. Ganze Familien sind von den täglichen Einnahmen aus dem Verkauf auf dem Markt oder am Straßenrand abhängig – wird heute nichts verkauft, kommt heute kein Essen auf den Tisch. Selbst für die wenigen Büroangestellten ist Homeoffice selten eine Option – wie auch, ohne Laptop zu Hause und mit instabiler Internetverbindung?
Soziale Unruhen und eine Zunahme der Kriminalität scheinen vorprogrammiert, wenn der Kampf ums Überleben mit Stopp der wirtschaftlichen Aktivitäten beginnt.
Flucht aufs Land
Auf dem Weg durch die Stadt habe ich das Gefühl, das die Straßen von Abidjan langsam leerer werden.
Sicherlich auch weil die tausenden Fahrzeuge fehlen, die sonst morgens die Kinder zur Schule bringen und am Nachmittag wieder einsammeln. Vielleicht auch, weil sich bereits kurz vor der Abschottung des Großraumes Abidjans eine kleine Fluchtwelle aufs Land in Gang setzte.
In den Heimatdörfern leben Verwandte, auf die man im Zweifel zählen kann. Dort kann man Felder bestellen, die eine Lebensgrundlage sichern. Das Leben auf dem Land ist günstiger als in der Stadt. Bereits nach dem Schließen der Schulen schickten Eltern ihre Kinder zu Verwandten in die Heimat. „Dort gibt es kein Corona“, so die Aussage zahlreicher Eltern. Unbekannt ist, wie viel Ereger mit der Ausreiseflut bereits aufs Land verschleppt wurden.
Zwischen Alltag und Aktionismus
Zurück in meinem Wohnviertel sind die Menschen noch immer draußen unterwegs. Kleine Kinder toben umher, die größeren kicken einen Ball über die staubige Piste. Am Verkaufsstand steht eine kleine Gruppe und vor der Maquis diskutiert ein Handvoll Männer lautstark und gestenreich miteinander.
Einige der wuseligsten Märkte sind geschlossen. Aber nur vorrübergehend, zur Grundreinigung und Desinfektion. In wenigen Tagen soll der Verkauf weitern gehen, wenn auch mit verringerter Standzahl, um einen gewissen Abstand zu wahren. Andere Märkte sind nach wie vor in Betrieb. In den Markthallen sind Stationen zum Händewaschen installiert. Doch weiterhin drängen sich die Leute um die Verkaufsstände. Fliegen umschwirren das Fleisch. Dazwischen krabbeln Kinder auf dem Boden.
Nach 21 Uhr verschwinden die Menschen in ihren Häusern. In der Wohnung über mir höre ich das Ständchen zu einer Geburtstagsfeier. Die Straßen sind jetzt leer. In den sozialen Netzwerken machen Videos aus verschiedenen Ländern Westafrikas die Runde. Sie zeigen Polizisten, die mit Schlagstöcken die nächtlichen Ausgangssperren oder Versammlungsverbote durchprügeln.
In der nachts leer gefegten Stadt, zieht das große Reinigungskommando umher. Weiträumig nimmt es sich Straße für Straße vor. Mit Hochdruck wird geschrubbt und desinfiziert. Auch dies ist Teil des Maßnahmenpakets zur Eindämmung von Corona in Côte d’Ivoire.
Angst und Panik verbreiten sich rasant
Schneller als die Zahl der Infizierten, greift die Angst vor dem Virus um sich. Corona ist Gesprächsthema in allen Schichten und Altersklassen, bei jeder Gelegenheit. Jeder weiß etwas Neues, hat seine eigene Interpretation der Geschehnisse oder einen guten Tipp zur Abwehr des Virus.
Vor meiner Haustür entfacht lautstark eine Diskussion. Das Straßenfranzösisch in Abidjan, Noussi genannt, klingt in meinen Ohren hart und unfreundlich. Verbunden mit der üblichen Lautstärke und dem Geschrei bei kontroversen Debatten, gar aggressiv. Das Gespräch schaukelt sich weiter auf. Immer wieder prangert ein Mann dabei die „Weißen“ als Unheilbringer und Übermittler der Krankheit an.
Rassismus als Resultat fehlender Informationen und Angst, davon höre ich auch in Sozialen Medien und Presse immer mal wieder. Der in Frankreich geäußerte Vorschlag, eine neue Impfung in Afrika zu testen macht wie ein Lauffeuer die Runde. Ohne weitere Erklärung klingt es nach erneuter Ausnutzung und Ausbeutung der Afrikaner durch die „Weißen“. Gerade in dieser Zeit, kein gutes Zeichen zur Völkerverständigung.
Falschnachrichten bestimmen die Informationen
Mit steigender Angst vor der unkontrollierbaren Krankheit, mit jedem neu gemeldeten Infizierten, multiplizieren sich die Falschnachrichten in den Sozialen Medien. Nachrichten, die das Gefühl vermitteln, das Leben selbst in den Händen zu halten, kursieren von Jung zu Alt.
Wie zum Beispiel der Einsatz von Blättern des Baums Neem gegen Corona. Die traditionelle Medizin nutzt das Laub tatsächlich zur Heilung von Malaria. Rasant verbreitete sich die Info, dass die Blätter eine Substanz des Medikaments Chloroquin enthalten, das gegen Corona helfen könnte. Obwohl die Fehlmeldung richtig gestellt wurde, rupfen Einwohner nach wie vor ganze Bäume leer. Zu Hause brauen sie sich ihr eigenes Heilmittel oder verkaufen es am Straßenrand – sei es zur Bekämpfung oder Vorbeugung von Covid-19.
Andere decken sich vorsorglich mit Malariamedikamenten ein, um im Falle einer Ansteckung gewappnet zu sein. Es ist ihr Versuch, Herr der ungewissen Lage zu werden. Ganz nach westafrikanischer Mentalität, heißt es das Problem selbst anzupacken und damit klar zu kommen.
Das Vertrauen in die staatlichen Maßnahmen ist gering. In der vergangenen Woche zerstörten Bewohner aus dem Stadtteil Youpougon ein neues Corona-Testzentrum, das die Regierung in Eile versuchte hochzuziehen. Auch wenn hier niemals Kranke behandelt werden sollten, überwog die Angst der Anwohner von Infizierten angesteckt zu werden.
Die Regierung reagiert teils mit Gegenmeldungen und Richtigstellungen. Doch mir scheint es, als stünden Lobpreisungen der erfolgten oder geplanten Maßnahmen im Vordergrund der staatlichen Pressearbeit. Als ich für diesen Artikel recherchiere, stoße ich nur auf spärliche offiziellen Informationen im Netz. Fast unmöglich scheint es für die 40 Prozent Analphabeten des Landes, verlässliche Infos zu bekommen.
Auch unter denen, die Lesen und Schreiben können, zählt die Nachricht des Bekannten meist mehr, als eine offizielle Aussage der Regierung. Dorfchefs haben mit ihrer Meinung ein weit höheres Gewicht als staatliche Vorschriften. Der Staat versucht daher traditionelle Chefs und religiöse Oberhäupter als Mittler und Multiplikatoren für die anvisierten Maßnahmen einzusetzen. Doch auch diese gilt es zunächst zu überzeugen.
… und nun?
Es bleibt abzuwarten, wie sich das Virus in Westafrika weiter verbreitet. In den nächsten Wochen wird sich wohl zeigen, wie es um sich greift.
Noch hoffe ich, dass es hier nicht mit der Kraft ausbricht, mit der es derzeit in Europa um sich schlägt. Die Folgen für die schwache Wirtschaft, das unzureichende Gesundheitssystem und die ärmliche Bevölkerung in Westafrika wäre Katastrophal.
Bleibt abzuwarten, ob in diesem Fall der Zusammenhalt und die Solidarität, die sich in Deutschland zu entwickeln scheint, ebenfalls die europäischen Grenzen überschreiten kann…
Übrigens ist die Côte d’Ivoire eines der wirtschaftlich am besten entwickelten Länder Westafrikas. Laut Weltgesundheitsorganisation war die Elfenbeinküste Mitte Februar eines, der auf einen Ausbruch von Corana am besten vorbereiten acht Staaten in ganz Afrika.
Zurück auf „normal“
Nachtrag: 14. Mai 2020
Inzwischen haben sich die Leute in der Elfenbeinküste an Corona gewöhnt, so scheint es. Die befürchtete Katastrophe ist zum Glück ausgeblieben. Heute sind insgesamt 1.912 Personen positiv auf das Virus getestet. 902 gelten als geheilt, 24 sind verstorben. Damit sind, mehr als einen Monat später, gerade knapp über 1.000 Fälle aktiv – fast genauso viele sind heute in Deutschland neu erkrankt. Warum das so ist? Dafür gibt es viele Theorien und zahlreiche Spekulationen. Oder auch einfach keine Erklärung.
Mundschutz gehört inzwischen zum ganz normalen Bild in den Supermärkten. Respektvoll hält hier jeder den Abstand von einem Meter ein, penibel achten die Wächter auf das Händewaschen vor dem Zutritt. In einigen internationalen Ketten darf ich mein Obst nur noch mit Handschuhen aus Plastik in Tüten füllen.
Auf den lokalen Märkten zeigt sich ein anderes Bild: Gedrängel wie zuvor. Kaum Jemand trägt eine Maske. Fliegen umschwirren das frische Fleisch auf den Tresen. Auch die Gbakas (Minibusse) sind nach wie vor voll. Eine Fahrt ohne Körperkontakt nahezu unmöglich. Gefeiert wird zu Hause: ohne Abstand, ohne Beschränkung der Gruppengröße. Kleine Menschentrauben bilden sich um die Lidospieler auf der Bank. Herzlich scherzen meine Nachbarn vor der Haustür bis weit nach der Ausgangssperre.
Die anfängliche Angst hat sich gelegt. Und mit ihr die Wut auf Europäer. Nach einem ersten impulsiven Geschrei, sind wir wieder willkommen. Ganz nach der hier üblichen Art – der Wut laut Luft zu verschaffen, um sich anschließend schnell zu versöhnen. Mir schreit man inzwischen wieder „la blanche“ hinterher, statt „Corona“.
Morgen wird die nächtliche Ausgangssperre in Abidjan beendet. Restaurants und Maquis öffnen wieder, allerdings mit Auflagen zur Hygiene. Der Schulbetrieb beginnt am 25. Mai. Zum Ende des Monats sollen die Grenzen öffnen, auch Kinos und Nachtclubs ihren Betrieb wieder aufnehmen dürfen und die Abschottung des Großraumes Abidjan wird aufgehoben.
Ob die Krise damit überwunden ist wird sich zeigen…
Bianca Leidner
8. April 2020Liebe Britta, Danke für diesen direkten Einblick in die aktuelle Lage in der Elfenbeinküste bzw. Westafrika
Bleib gesund, liebe Grüße
Bianca
Peter Lüdeke Walckhoff
15. September 2020Du schreibst sehr schön liebe Bianca.
Von einer Welt, die ich aus einer ganz anderen „Sicht“ kenne und denkbarerweise auch nun in der Wirklichkeit – welcher auch immer – bald kennenlernen möchte/werde.
Ich bin Peter Lüdeke Walckhoff, Jahrgang 1950 und lebe im Moment mal wieder in meinem deutschen Haus in Hille bei Minden, nachdem ich bis Ende letzten Jahres 7Jahre überwiegend in UK in der gewaltfreien Landbesetzung gelebt habe.
Aber auch mal 7 Monate eine stille Kirche für EINEN GOTT EINER WELT in Malcesine, Lago di Garda, Italy von November 2015 bis Mai 2016 mit meiner Wolfshündin Lilly geführt habe.
Und mit Obdachlosen im Wald bei Kiew bei so -8Grad gelebt habe…..
Lilly ist am St. Davidstag 2017, dem 01.03., in St. Davids, Pembrokeshire, Wales, UK am Atlantik, gestorben. Wir haben dort von Nov 2016 gelebt und waren eng in die Einführung von Jonhanna Penberthy, der ersten weiblichen Bischöfin der Church in Wales seit 1000 Jahren, verbunden.
Nun reise ich seit Jan dieses Jahres mit der Wolfshündin Alice Echelon Wolf aus der Slovakei.
Sie geht auf 7 zu. Ihr früherer Eigentümer ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen.
Meine Familie ist über 600 Jahre alt. Daher stammt auch mein 2. Vorname Lüdeke
In meinem mehr „bürgerlichen Leben“ war ich auch mal Diplom-Handelslehrer und Oberstudienrat an einer Wirtschaftsschule, geschäftsführender Direktor eines so 400 Mandanten Beratungsunternehmens im sogenannten KMU-Bereich und auch freier Therapeut und Kommunikationslehrer in der forensischen Psychiatrie Droge/Alkohol speziell für Klienten mit russischem und arabischen Migrationshintergrund.
Sehr zum Unwillen der preussischen Beherrschungsstrukturen habe ich in Deutschland auch als Rechtsanwalt und Steuerberater ohne deutsche Lizenz gearbeitet.
Neben meinem deutschen Pass habe ich auch englische Bürgerrechte als Ausländer. Ich arbeite an der doppelten Staatsbürgerschaft.
Mittlerweile bin ich ein ziemlicher Wanderer zwischen verschiedenen Welten und besonders 2018 und 2019 nicht ohne tatsächliche Gewalterfahrung gegen mich und mein Handeln.
Subtiler aber auch leider schon viel früher.
Auch das Führen der Kirche in italien ergab sich mehr oder weniger aus einer Besetzung durch mich. Ich lebte in italien unter einem Olivenbaum und mein schlechtem Wetter in einem Kaninchenstall.
In stiller Absprache mit der Römisch-Katholischen Kirche und eher weniger zur Freude des italienischen Staatsschutzes und der Carabinieri……..
Aber Staatsschutz in der verschiedenen Form kenne ich über Jahrzehnte.
Der Hintergrund meines „Bezuges“ zu Togo/Benin
Mein Vater war ein Kind später Liebe. Seine Mutter war 42 als er 1917 geboren wurde.
Mein Großvater war Geheimer Forstrat in mit Amtssitz in Hannover zum Schluss.
Der Bruder meines Großvaters ist als Postmeister 1901 nach – in der damaligen Sprache – Togoland gekommen und war dort für die gesamte Telekommunikation und das Postwesen als Kolonialbeamter verantwortlich.
Er war mit einer Königstochter verheiratet und hatte einen Sohn.
1918 nach der militärischen Übernahme von Togoland durch die Briten und Franzosen musste er Togo verlassen und ließ seine Frau und seinen einzigen Sohn zurück.
In unserer Familienchronik war über ihn kaum berichtet.
So vor 8 Jahren beim Surfen im Internet in Facebook sah ich das Gesicht einer farbigen Frau mit dem Nachnamen Walckhoff.
Naturlich hakte ich nach und bekam nach 7 Wochen die Antwort, dass der Großvater ihres Mannes ein „weisser Mann“ gewesen sei. Ich hatte also die afrikanische Familie des Bruders meines Großvaters wiedergefunden.
Es gut verschiedene schriftliche Kontakte dann auch mit nicht unerheblichem Mißtrauen. Erst vor kurzem habe ich einen der Gründe herausgefunden. Der Bruder meines Großvaters hat sich offensichtlich in keiner Weise mehr um seine afrikanische Familie gekümmert. Er hat dann 1926 noch einmal geheiratet und ist 1944 in Baden-Baden verstorben.
Du kennst das Buch von Rebekka Habermas: Skandal in Togo – ein Kapitel deutscher Kolonialherrschaft erschienen bei S. Fischer Geschichte? Rebekka ist Historikerin und die Tochter von Jürgen Habermas .
Die afrikanische Familie hatte keinerlei Detailkenntnisse der deutschen Herkunft. Die letzten 2 Jahrhunderte lebten meine Vorfahren von beiden Elternteilen direkt an der baltischen See. Politisch gesehen -eher uninteressant Ostpreussen- aber culturell Slaven.
Ich habe den Mitgliedern der afrikanischen Familie umfangreich den Bezug zu den deutschen Wurzeln vermittelt.
2018 kam es zu einem Treffen mit 2 Mitgliedern der Familie in Paris nach 100 Jahren Trennung von schwarz-weiss.
Mein hauptsächlicher Kontaktpartner lebt in USA.
Die Familie ist offensichtlich nach wie vor nicht ohne gesellschaftlichen Einfluss in Benin und Togo.
Nun steht das Ursprungsland, auf dem Karl Tassilo Walckhoff mit seiner Frau lund seinem Sohn lebte, und das unmittelbar an der Küste in Togo am Golf vo Guinea liegt, zum Verkauf.
Es gehört meinem amerikanischen Kontaktpartner und seiner Schwester in Paris.
Ich bin an dem Land interessiert und möchte dort mit besonderem Schwerpunkt ein ökologisches Dorf errichten.
Da hakt aber offensichtlich die Kommunikation in der afrikanischen Familie. Und Corona macht die Sache nicht leichter.
Zudem spreche ich nur sehr schlecht französisch. Ich habe aber einen jungen Freund in Togo mit einer Erziehung an einer deutschen Schule dort, Soziologe, der arbeitslos im Norden von Togo eine kleine Schweinezucht betreibt.
Die heutigen Verhältnisse in Aného und dem Golf von Guinea sind mir in ihrer „Vielfalt“ zumindest auds dem Internet bekannt.
Ich bin Träumer. Aber auch Realist.
Es gibt ein Buch von Théophile Walckhoff, Attaché (Wirtschaft und Kultur) in Dahomey bis 1966 von 1994: Tribulations en Afrique
Denn auch das Leben der Stämme nicht nur in Afrika untereinander ist nicht ohne Traurigkeit…….
Anlässlich meines 70. Geburtstages am 21.09. gebe ich mein persönliches Eigentum in Deutschland auf und überführe es in eine Stiftung für Kunst, Kultur und Förderung ökologischer Lebensweisen „AlphA@OmegA“.
Zur Zeit bereite ich meinen nun 20 Jahre alten Landrover für den Aufbruch Ende des Jahres nach Afrika vor.
Mit ihm habe ich in den letzten 10 Jahren so 220000km zurückgelegt ,Teile von 25 Ländern besucht und in großem Maße auch auf der Straße dabei gelebt. Nur keine Langeweile im leben und Leben…..
Ich habe Dir diese Geschichte erzählt, weil sich denkbarerweise unsere Lebenswege in Afrika kreuzen können.
Deinen Lebensweg in Afrika kenne ich erst seit 3 Tagen. Es fällt zu was der Zufall beabsichtigt. Halt allein. all eins.
Oder alone. All in one. Kommt halt auf die Sichtweise an.
In FB bin ich unter „Peter Walckhoff- Alice Wolf“ unterwegs.
Oder privat unter peterwalckhoff@gmail.com.
Die mailadresse unten und auch mein gleichnamiges Unternehmen in London lehnen sich an :https://en.wikipedia.org/wiki/The_Cloud_of_Unknowing
https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Wolke_des_Nichtwissens
Dir weiterhin eine gute Zeit und herzliche Umarmung.
Gerne lese ich von Dir persönlich oder auch auf dieser schönen site.
Alice Echelon wolf und Peter Lüdeke Walckhoff