Ich bin aufgeregt. Nach einer Woche in Lomé geht es weiter nach Kpalimé. Meinem neuen zu Hause für die nächsten zwei Jahre. Was wird mich dort erwarten? In der letzten Woche habe ich viel Positives über Kpalimé und die grüne Region gehört. Ein beliebtes Ausflugsziel fast aller Europäer hier. Ich scheine es gut getroffen zu haben und freue mich, dass es endlich weiter geht.
Vorbei an den Einrichtungsmärkten Togos – Betten, Schränke, Sofas, Tische und Kommoden sind fein säuberlich unter freiem Himmel im Staub neben der Straße aufgereiht – verlassen wir Lomé. Die Häuser an den Seiten lichten sich, die Buden und Stände am Straßenrand verschwinden nach und nach. Es wird grüner. Unter Palmen, Sträuchern und Gräsern lugt die rote Erde hervor. Ab und an überschatten gigantische Bäume die übrige Vegetation.
Um so weiter wir uns Kpalimé nähern, umso grüner wird es. Nach etwa anderthalb Stunden rasanter Fahrt über die geteerte, aber schmale Straße erhebt sich ein Berg am Horizont: Der Mont Agou. Mit 986 Metern der höchste Berg in Togo.
Herzlicher Empfang in Kpalimé
Etwa zwanzig Kilometer weiter erreichen wir Kpalimé. Hier ist alle etwas ruhiger. Beschaulicher. Und sehr viel grüner. Die Leute sind noch ein wenig freundlicher. Die Kinder noch etwas aufgeschlossener. Lachend und winkend rufen sie mir ‚Yovo, yovo, Bonsoir, ça va?‘ hinterher. Yovo bezeichnet die Weißen und diesen Spruch beherrschen selbst die Kleinsten.
Das Klima erscheint mir etwas angenehmer. Vielleicht nur ein paar Grad weniger, die für mich momentan aber einen deutlichen Unterschied machen. Kurz nach meiner Ankunft verdunkelt sich der Himmel . Ein Gewitter zieht herauf. Der seit Tagen ersehnte Regen kommt. Eine halbe Stunde pladdert es wie aus Eimern. Dann verziehen sich die Wolken. Was bleibt, ist eine angenehm frische Luft.
Die Hauptstraße führt ins Herz der Stadt. Nach und nach nehmen die kleinen Buden an der Seite zu. Um so weiter ich mich dem Zentrum nähere, um so lebhafter wird es. Frauen sitzen hinter ratternden Nähmaschinen unter Holzverschlägen. Männer hobeln in etwas größeren Hütten Holz und verarbeiten es zu kunstvollen Türen und Möbeln. Zwischen einem Stapel alter Reifen reparieren Männer Motos und flicken Schläuche. Die Schilder der ‚Coiffeurs‘ laden zum Haare schneiden hinter fahlen Gardinen ein. Auf der Terrasse davor flechten Frauen ihren Kundinnen Zöpfe.
Junge Mädchen tragen Obst und Gemüse in überquellenden Körben auf dem Kopf zum Markt. Am Nachmittag kommen Frauen mit Schüsseln voller Einkäufe zurück. Auf der Straße rattern die Motos vorbei. Autos überholen hupend die wenigen Radfahrer.
Der Blick zu beiden Seiten der Straße geht ins Grüne. Kleine, roterdige Pisten führen zu den angrenzenden Häusern. Schon bald könnte eines davon mein neues zu Hause sein!
Grand marché in Kpalimé
Der grand marché von Kpalimé liegt direkt hinter der Mairie – dem Rathaus. Stände mit Stoffen, Fahrrädern und Getränken empfangen mich. Entspannt schlendere ich über den Markt. Anders als in Lomé schreit mir hier niemand hinterher. Der Markt ist täglich, aber samstags und dienstags besonders belebt.
Ich ziehe meine Runden und nähere mich in Spiralen dem Zentrum des Marktes. An einem Stand begutachte ich die saftigen, roten Mangos. Am nächsten kaufe ich eine reife Ananas und lasse mir frisches Gemüse einpacken. Neben mir türmen sich Berge von Jams und Maniok auf. Bei den Massen kein Wunder, das hieraus das Nationalgericht ‚foufou‘ zubereitet wird.
Vorbei an Ständen mit Schlössern, Kosmetik, Zahnpasta und allerlei Krimskrams biege ich zum Marktgebäude ab. Im Obergeschoss legen nur ein paar Frauen ihre Stoffe aus. Von hier oben schweift mein Blick über den Markt. Unter mir breitet sich das Meer aus Wellblech und Sonnenschirmen aus, das den Markt überspannt. Wie ich erfahre, gab es die Idee diesen Bereich für Kunsthandwerk zu nutzen und in einem Teil die Tourist-Info einzurichten. Die Stadt entschied sich jedoch dagegen. Eigentlich schade, eine tolle Location für Kplaimé, das auch für sein Kunsthandwerk bekannt ist. Bislang verteilen sich die zahlreichen Ateliers der Künstler auf die gesamte Siedlung. Nur das Centre Artisanal, das gleichzeitig Ausbildungsstätte ist, vereint die Werke einiger Töpfer, Holzhandwerker und Maler.
Ein kleiner Bach teilt den Markt. Er ist übersäht mit Abfällen. Bei starkem Regen schwillt der Bach an und überflutet einen großen Teil des abschüssigen Geländes. Ein weiteres Projekt an dem die Stadt derzeit arbeitet. Ich hoffe, ich werde die Aufwertung noch mitbekommen.
Hinter dem Bach, ganz im Zentrum des Marktes, beginnt der für mich schönste Bereich. Auf Holzpritschen stapeln sich kleine und große Fische – getrocknet, gepökelt und frisch. Auf engen Pfaden suche ich meinen Weg zwischen den Ständen. Die Marktfrauen sitzen hinter Bergen von Kräutern, roten Tomaten und den kleinen Peperoni, die in jeder Soße landen. Um sie herum unzählige Körbe gestapelt. Die niedrigen Wellbleche über den Ständen schaffen eine dunkle, schattige und gemütliche Atmosphäre.
Von Crêpes bis Foufou
Auf dem Markt bekomme ich alles was mein Herz begehrt. Allen voran frisches Obst und Gemüse. In den kleinen Buden am Wegesrand versorge ich mich mit Hygieneartikeln. In den Auslagen finde ich auch eine übersichtliche Auswahl an Dosen, Reis, Nudeln, Seifen, Toilettenpapier, … Meine Telefonkarte lade ich hier auch gleich auf. Eigentlich alles irgendwie da, denke ich. Was wirklich nicht zu bekommen ist, wird sich wohl erst zeigen, wenn ich es tatsächlich benötige. Ich bin gespannt, wann ich das erste Mal an die Grenzen der Versorgung hier stoße.
Aber am Essen wird es mir wohl nicht mangeln. Es gibt ja auch noch die zahlreichen Restaurants. Unzählige kleine Buden an den Straßen und sogar einige europäische Lokale. Eine kleine, sehr gute Auswahl, habe ich bereits getestet. Bei Fanny ist es recht teuer, dafür ist es sehr lecker! Neben Schrimps und Fleischgerichten mit Reis stehen z.B auch Salate mit heißem Camenbert und Crêpes auf der Karte – damit wäre mein kulinarisches Leben schon gerettet. Beim Belgier (Le Bon Vivant) kehren wir zu frischen Burgen (auch vegetarisch) und Pommes ein. Ebenfalls sehr zu empfehlen.
Aber natürlich habe ich auch das traditionelle Foufou getestet: im Restaurant Macumba. Aus Maniok, Jams und/ oder Kochbananen stampfen Frauen in einem Trog mit langen Stangen einen zähen Brei. Er wird in Klopsen geformt (sieht ähnlich wie Germknödel aus) mit Soßen serviert. Die Soße, die uns serviert wird, ist eigentlich eher eine Suppe. Mit Auberginen, Hähnchen und den Peperoni gespickt. Gegessen wird mit den Händen. Die klebrige Masse zu kleinen Kugeln geformt, in Soße getunkt, Beilagen ergriffen und dann genießen. Ganz schön scharf, aber sehr lecker! Noch authentischer und deutlich günstiger ist Foufou es in den kleinen Marquis am Straßenrand.
Meine erste Lektion in Bezug aufs ‚Essen gehen‘ in Togo habe ich auch bereits gelernt: Niemals mit schon knurrendem Magen ins Restaurant einkehren. Es dauert, bis das Essen endlich auf dem Tisch steht. So kann schon die ein oder andere Stunde mit Warten vergehen.
Auf ins Grüne
Ein Stück das Plateau hinauf, bekomme ich einen ersten Überblick über die Umgebung. Die kleine Straße windet sich den Berg hinauf. Ein Stück einen Feldweg hinein erreichen wir ein verlassenes Anwesen. Einst bewohnt vom Prefekten. So etwas wie dem Landrat, würde ich mal laienhaft übersetzen. Noch nicht lange leerstehend, modert der alte Herrensitz langsam vor sich hin. Die Decken schimmeln, Fenster zerfallen, der Putz bröckelt, die Türen verfaulen. Schade, für dieses tolle Anwesen.
Der Blick hinab in das Tal von Kpalimé ist wunderbar. Die Stadt liegt eingebettet inmitten von Grün, umrahmt von den Bergen. Der Motorenlärm ist weit entfernt. Stattdessen erfüllt ein Zirpen, Zwitschern und Pfeiffen die Luft.
Ich freue mich schon auf die zahlreichen Ausflüge in die grüne Umgebung, die ich von Kpalimé aus unternehmen kann. Zu Wasserfällen, in die Berge, aufs Plateau… Wandern, Mountainbiken und vielleicht sogar klettern… und im Herbst kommen die Paraglider… Ich bin gespannt und freue mich auf die kommenden zwei Jahre!
Meine Must-Dos in Kpalimé:
- Um Obst und Gemüse auf dem Grand Marché feilschen
- Foufou essen in einer Maquis oder im Restaurant Macumba
- Die Kirche und angrenzendes Missionsgebäude aus der Kolonialzeit fotografieren
- Souvenirs einkaufen : Kunsthandwerk oder die echt togolesische Schokolade von ChokoTogo oder Kaffee aus der Region (Beim CCIC gegenüber des Restaurants Le Fermier zu erhalten)
- Einen Ausflug zu einem Wasserfall machen
Karte von Kpalimé
Angelika
7. Juni 2017Liebe Britta,
das sind ja schon wieder tolle Fotos und interessante Berichte aus Togo. Deine Texte sind super, sodass man sich alles sehr gut vorstellen kann. Dort zu arbeiten, um den Tourismus anzukurbeln, muss doch richtig Spaß machen. Die 2 Jahre werden sicherlich wie im Flug vergehen, aber unvergesslich bleiben. Mich würde wirklich mal dein Arbeitstag interessieren, wie läuft der dort so ab.
Auf jeden Fall wünsche ich dir nette Kolleginnen und Kollegen und viel Erfolg.
Viele liebe Grüße von der Insel Sylt, wo wir gerade mal wieder Urlaub machen (leider ist heute ein Regentag)
Angelika
Britta
7. Juni 2017Lieben Dank Angelika! Ich bin hier von meinen neuen Kollegen und Kolleginnen ganz herzlich in Empfang genommen worden. Nur im Arbeitsalltag bin ich noch nicht ganz angekommen. Bislang gibt es einen Berg von Informationen, die ich gierig aufsauge und ganz viele Vorstellungs-Treffen. Hier im Büro ist es gar nicht so anders als bei uns in Deutschland – vielleicht aber auch, weil ich für eine deutsche Organisation arbeite… Ich habe ein nettes Büro mit Klimaanlage und Blick ins Grüne, das ich mir mit einem togolesischen Kollegen teile. Daran, das ab und an der Strom ausfällt, habe ich mich inzwischen gewöhnt und arbeite ungestört am Laptop weiter. Die Workshops und Sitzungen, die ich schon miterlebt habe, haben sich zum Teil doch stark von denen in Deutschland unterschieden – laut, teils chaotisch, zeitlich seeehr flexibel und je nach Thema können auch mal alle wild durcheinander schreien. Ansonsten sind alle ganz herzlich, unheimlich freundlich und hilfsbereit, so dass mir der Start hier sehr einfach gemacht wird!
Viel Spass dir noch auf Sylt! LG Britta