Meine Arbeit in Hildesheim war von seinem Aushängeschild, dem UNESCO-Welterbe, geprägt. Natürlich zieht es mich auch in die einzige Welterbestätte des Landes: Die Kulturlandschaft Koutammakou in Togo.
Nahe von Kandé holpern wir über die Piste durch die nach den großen Regen grüne Savanne. Kleine Dörfer liegen zerstreut zwischen den Feldern. Die Bauern leben in den traditionellen runden Lehmhütten. Gemeinsam mit anderen Gebäuden bilden sie kleine Höfe. Nach und nach mischen sich die ersten ‚Tatas‘ darunter.
UNESCO-Welterbe in Togo
Tata oder Tatienka heißen die Mini-Burgen der Tamberma, die hier im Einklang mit der Natur leben. Einst zum Schutz gegen Feinde gebaut, wohnen noch heute zahlreiche Familien in den Tatas. Traditionelle Gesetze, Voudou, Naturheilkräfte sowie der Glaube an die Allgegenwart verstorbener Geister sind in der Gesellschaft der Tamberma tief verankert.
2004 nahm die UNESCO die 50.000 Hektar umfassende Kulturlandschaft Koutammakou von Togo in die Liste der Welterbe auf. Das erste und bislang einzige Welterbe in Togo.
Unser Ziel ist die Siedlung, in der die UNESCO eine Tatienka als Anschauungsbeispiel nachbaute.
Auf eigene Faust gar nicht so einfach, da jegliche Hinweisschilder fehlen. Besucherleitsystem, Schilder für Auto- und Radfahrer, Infotafeln oder gar ein Welterbecenter – wie ich es aus Hildesheim kenne – sind in der Kulturlandschaft Koutammakou nirgends in Sicht. Schlichtweg undenkbar. Schließlich bedienen wir uns des togolesischen Leitsystems: ein Junge steigt zu uns ins Auto und weist den Weg.
Die Dorfgemeinschaften der Tamberma
Neben dem Beispiel-Gebäude der UNESCO bilden eine Handvoll weiterer Tatienka die kleine Siedlung. Wie es sich gehört, begrüßen wir zunächst den traditionellen Chef. Im Schatten verweilt er auf einer hölzernen Sitz- und Liegefläche. Vor ihm haben Frauen eine Palette an Souvenirs auf Matten ausgelegt. Schnell versammeln sich scheinbar alle Kinder des Dorfes um uns und verfolgen neugierig das Geschehen.
Nach dem Austausch einiger höflicher Worte und ein paar Scheinen für die Dorfgemeinschaft, dürfen wir die Siedlung besichtigen. Der Enkel des Dorfchefs führt uns herum. Mit seinen vielleicht 10 Jahren hat er die Tour gut drauf – sicherlich begleitete er des Öfteren seinen Vater, der die Führung sonst übernimmt.
Unser kleiner Guide zeigt uns die Fetische vor den Tatas, die die Bewohner des Dorfes schützen und erzählt von der Verbindung zu den Seelen der Ahnen.
Er erklärt uns die Bauweise der Tatas und führt uns deren Ursprung vor Augen. Die Tatas von Koutammakou sind aus Lehm und Stroh gebaut und von je einer Familie bewohnt. Sie gleichen Burgen im Miniaturformat mit Schiessscharten in den hohen Wänden und zwei kleinen Türmchen. Vor Jahrhunderten hatten die Festungen genau diesen Zweck – zunächst verteidigten sich die Bewohner gegen eindringende Stämme, später vor der Kolonisation der Deutschen.
Leben in den Tatas von Koutammakou
Durch die einzige Tür treten wir in eine Tatieka. Wir durchqueren einen kleinen Vorraum und stehen im sogenannten Schwarzen Zimmer. Im wahrsten Sinne des Wortes – Licht kommt kaum hinein. ‚Hier schläft der Vater mit den Tieren‘, erklärt uns der Junge. ‚Interessante Mischung‘ wundere ich mich. Ich erfahre von unserem kleinen Guide aber sogleich warum: Von hier unten kann der Vater die Familie im Falle eines Angriffs oder gegen Einbrecher beschützen.
Die Mutter ist mit den Kindern im oberen Geschoss in Sicherheit. Und hat von oben die beste Aussicht. So kann sie ihren Mann rechtzeitig warnen.
Die Küche ist in den Aufgang zur Terrasse im zweiten Geschoss integriert. Oben spielt sich das Familienleben ab. Hier lernen die Kinder, hier trocknen die Früchte und hier schlafen in der Trockenzeit Frau und Kinder unter freiem Himmel. In der Regenzeit oder kalten Nächten ziehen sie sich in einen kleinen Raum zurück, der in die Terrasse eingelassen ist.
Ich zwänge mich durch das kleine Loch, das als Einstieg dient. Im Inneren ist es dunkel. Und eng. Aufrecht stehen unmöglich. ‚Da würde auch ich das schwarze Zimmer vorziehen‘ denke ich und krieche schnell wieder hinaus.
Die beiden von außen markanten Türmchen dienen als Speicher. Etwas getrockneter Mais und Fonio befindet sich darin. Ansonsten sind kaum Habseligkeiten in der Tata zu sehen. Einige Töpfe. Die Glocke, unter der sich die Kücken der Henne in der Nacht versammeln. Tücher und Körbe.
Auf die Frage, ob hier noch jemand wohne, brüstet sich unser kleiner Guide stolz. Er lebt hier mit seinen Eltern und drei Geschwistern. In der Siedlung dient nur die von der UNESCO nachgebaute Hütte allein Anschauungszwecken und steht leer. Ansonsten führt unser Guide mit seiner Familie hier sein ganz normales Leben. Das von dem unseren nicht weiter weg sein könnte…
Mein Fazit: Eine simple Führung – ein eindrucksvoller, anschaulicher und lebendiger Einblick ins UNESCO-Welterbe. Doch etwas mehr Infrastruktur wäre hilfreich.
Achtung (unbezahlte) Werbung und PS. an alle Hildesheimer: In eurem Welterbecenter am Hildesheimer Marktplatz findet ihr übrigens alle Welterbestätten weltweit und könnt euch auch über die Kulturlandschaft der Koutammakou informieren. Und dabei erfahren, wie interessant auch ein Multimedia-Welterbecenter ist.
Informationen zum UNESCO-Welterbe Koutammakou in Togo:
Eintritt: an der Straßensperre aus Kandé kommend 5.000 F CFA pro Person, von dort begleitet ein Guide. Wir sind aus anderer Richtung gekommen und mussten uns daher auf eigene Faust durchfragen. (Der UNESCO-Nachbau befindet sich in der Siedlung beim Hinweisschild zur „Auberge“: Hier kannst du bei einer Familie auf der Terrasse einer Tata übernachten. Frage beim Dorfchef.)
Beim UNESCO-Welterbe habe ich in Togo zum ersten Mal aufdringlich bettelnde Kinder erlebt. Gar nicht so leicht, da standhaft ,Nein’ zu sagen. Aber lasse besser dem traditionellen Chef etwas für die Dorfgemeinschaft da.
Anfahrt: von Kara ca. 1 Stunde.
Weitere Infos zum Welterbe in Togo: www.unesco.org
Für mich zählt das UNESCO-Welterbe Koutammakou zu den schönsten Sehenswürdigkeiten in Togo. Was sonst noch dazu zählt, erfährst du in meinem Artikel: ► Sehenswürdigkeiten in Togo
Schmidt, Angelika
28. August 2019Liebe Britta,
das sind ja wieder tolle Berichte über Westafrika über Land und Leute. Sehr interessant!!
Und dann auch gleich noch Werbung für das Welcome-Center in Hildesheim, typisch Britta.
Alles Liebe und Gute weiterhin wünsche ich dir!!
Herzliche Grüße aus Hildesheim, Angelika
Britta
28. August 2019Lieben Dank, Angelika! Na klar, das Welterbe-Center ist doch auch toll!
Dagmar
14. Dezember 2018Hallo Britta.
Ich (60 J.) habe mit Interesse deinen Block gelesen, weil ich plane mich in Togo niederzulassen. Es wäre mir eine große Hilfe wenn ich mal mit dir reden könnte. Vom 10. bis 20. Februar 2019 werde ich in Kpalimé sein. Können wir uns da mal treffen? Wann, wie und wo erreiche ich dich?
Liebe Grüße aus dem Allgäu
Dagmar
dagruni59@yahoo.de
Britta
14. Dezember 2018Hallo Dagmar,
gerne treffen wir uns, wenn du in Kpalimé bist im Februar! Ich habe in der Zeit noch nichts geplant, da wird sich sicherlich eine Zeit finden lassen. Am besten schreibst du mir vorher einfach noch mal eine private Mail an info@traveloskop.de Natürlich kannst du dich auch vorher melden, wenn du fragen hast.
Liebe Grüße aus Kpalimé, Britta
Jutta Völker
16. August 2018Hallo Britta,
ich lese durch Vermittlung von Femke Grabbert immer mit großem Interesse Deinen Blog zu Togo. Du bist wohl schon mehr asl 1 Jahr dort und hast das Land bestimmt schon gut kennengelernt. Wie mir Femke mal sagte, befasst Du Dich in Togo mit der Entwicklung von Tourismuskonzepten. Right?
Nun bin ich schon interessiert zu erfahren, wie weit Du damit gekommen bist (sicher in einem Team)? Ich kenne eigentlich viele Leute mit auch exotischen Reisezielen, aber Togo war noch nie dabei. Ist denn in Zukunft damit zu rechnen, dass es zumindest einen bescheidenen Tourismus gibt. Ich könnte mir vorstellen, dass es für Afrika Freaks (wie es mein Mann und ich auf Grund unserer Tätigkeit in Mocambique geworden sind, mein Mann außerdem sehr interessiert an den ehemaligen dt. Kolonien) durchaus mal ein Reiseziel werden könnte.
Danke für eine Information und weiterhin viel Erfolg.
Beste Grüße von Jutta